Beitrag zur AF in IF-16-1.

Additive Fertigung im Vormarsch

Messe METAV, Düsseldorf 23. bis 25. Februar 2016

Seit nunmehr 36 Jahren präsentieren in Düsseldorf die Technologieanbieter in der Metallbearbeitung und der Automatisierung der Fachwelt den praxisorientierten Mehrwert ihrer Innovationen auf der METAV. Mit einem eigenen Schwerpunkt zur „Additiven Fertigung“ – vielen besser bekannt unter dem Begriff „3D-Druck“ – wurde die Messe erneut zur Bühne für grundlegende Innovationen und damit zukünftige Investitionen. In dieser Additive Manufacturing Area wurden der aktuelle Stand und die weiteren Aussichten zur additive Fertigung, (kurz AM für additive Manufacturing) vorgestellt. Dieser Teil der Messe bot in besonderer Weise Gelegenheit zur Diskussion, was noch Vision und was bereits Wirklichkeit ist. Anwesend waren hier alle bekannten Druckerhersteller wie SLM Solutions, EOS, Keyence, Concept Laser oder 3D Systems. Weiter waren alle wichtigen Anbieter der kompletten Prozesskette im Bereich CAD, Simulation und Qualitätssicherung repräsentativ vertreten, oftmals auch auf Gemeinschaftsständen.

Heftige Diskussionen um den richtigen Weg bei den metallischen 3D-Produkten

Besonders intensiv konnte die Diskussion um die zukünftigen Entwicklungen im Bereich der Fertigung metallischer Produkte verfolgt werden. Während bei allen AM-Anwendungen die Erzeugnisse als weitgehend endgültige dreidimensionale Form Schicht für Schicht direkt aus den programmierten Daten aufgebaut werden, gibt es einen wesentlichen Unterschied bei der Herstellung von Produkten aus metallischen Materialien. Denn vor allem dort stoßen zwei im Ansatz diametral entgegengesetzte Verfahren sehr heftig aufeinander: Der neuen additiven Herstellung im schichtweisen Auftrag von meist pulverförmigem Material steht die traditionelle sogenannte subtraktive Herstellung in Form von Spanen, Fräsen, Bohren aus einem umfänglichen Vorprodukt gegenüber. Im Umfang der jeweiligen Vertreter dieser beiden Varianten auf der Messe wurde das immer noch fast erdrückende Übergewicht der traditionellen Herstellungsstechnik genauso deutlich wie in der Tatsache, dass die neue Welt noch fast ausschließlich durch relativ kleine mittelständische Unternehmen repräsentiert wird. Während nach Aussagen am Stand eines der führenden Unternehmen im 3D-Druck die Relation von kunststoffzu metallbasierter Produktion mit 60 : 40 angegeben wurde, sei auf der Metallseite zurzeit ein deutlich dynamischeres Wachstum festzustellen. Dennoch wurde in Gesprächen an verschiedenen Ständen sowie auf den unterschiedlichen Diskussionsforen deutlich, dass in beiden Lagern überprüft, geforscht und gestritten wird, wo die beiden Produktionsmethoden in der Metallverarbeitung technisch wie wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt werden können.

Vor- und Nachteile der beiden Wege

Unumstritten ist, dass die additive Fertigung ganz neue Möglichkeiten in die Fertigungspraxis bei Metallen einbringt, vor allem in Bezug z. B. auf Freiformflächen, Leichtbaustrukturen, interne Kühlkanäle oder Hinterschnitte. Das bietet nicht nur bessere Möglichkeiten, sehr komplexe Geometrien zu realisieren, sondern vermindert auch den Verlust großer Mengen an Vormaterial, die beim Abtragen zu Abfall werden. Und besonders begünstigt dieses Verfahren auch die Auflage kleiner Serien. Andererseits wurde darauf hingewiesen, dass bei additiven Verfahren u. a. die vergleichsweise geringen Aufbauraten (= lange Produktionszeiten) bei der Herstellung, die teuren Anlagen (bei den Anbietern der fortgeschrittenen professionellen Anlagen wurde ganz offen gesagt, dass das Kostenniveau leicht bei 1,6 Mio. EUR und darüber liegt) oder die hohen Materialpreise für Metallpulver gegenwärtig noch erhebliche Kostentreiber sind. Dies gilt auch, wenn sich die Materialpreise in den kommenden Jahren durch technologische Entwicklungen und den Aufbau von größeren Fertigungskapazitäten verbessern werden. (Siehe die aktuelle Meldung vom Spezialchemiehersteller Evonik, dass die Produktionskapazitäten in Marl für Pulver, das unter anderem im Wachstumsfeld 3D-Druck zum Einsatz kommt, erheblich erweitert werden.)

Die nächste technologische Herausforderung: Die ‚hybride‘ Fertigung

Aber noch viel spannender als der Austrag dieser Gegensätze war die Tatsache, dass der Begriff der hybriden Fertigung einen großen Raum in der AM-Area einnahm, mit dem schon der Brückenschlag zwischen den bisher gegensätzlich gesehenen Herstellverfahren angesteuert wird. Und gerade bei den Gesprächen auf den Ständen der Marktführer wie EOS und SLM Solutions wurde stolz auf die Fortschritte in der hybriden Zusammenführung dieser beiden Technologien hingewiesen. Hier geht es z. B. darum, dass Grundformen in der alten subtraktiven Weise erstellt werden, während weit herausragende Formteile dann additiv hinzugefügt werden können.


Neues Denken in den Konstruktionsbüros


Aber in den Gesprächen wurde auch deutlich, dass die Zusammenfassung der Vorteile beider Technologien keine einfache Aufgabe darstellt, denn sie verlangt grundlegende Veränderungen in der gesamten Wertschöpfungskette, insbesondere in der Konstruktion der Produkte. Denn den beiden Alternativen liegen insofern gravierend unterschiedliche Konstruktionsprinzipien zugrunde als die traditionelle subtraktive Technik darauf ausgerichtet ist, die Konstruktion unter dem Blickwinkel einer technisch optimalen Herstellung anzugehen. Die additive Technologie braucht diese Überlegungen nicht anzustellen, bei ihr kann sich der Konstrukteur voll auf die optimale Funktionalität des Produktes konzentrieren. Deshalb wurde in den Gesprächen auf der Messe immer hervorgehoben, dass vor einem wirklichen Durchbruch der additiven Fertigung vor allem in den Konstruktionsbüros ein tiefgehender Mentalitätswandel erfolgen muss. Und dieser Aspekt verdeutlicht, dass für die breite Durchsetzung der Additiven Fertigung das neue Herangehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette wirksam werden muss und neben den technischen Problemen auch wirtschaftliche Fragen der Kooperation der Kettenglieder aufgeworfen werden. „In allen Beziehungen werden die Karten neu gemischt“ sagte ein Vertreter aus dem Kreis der fortgeschrittenen Unternehmen. Damit hat die additive Fertigung ein großes Potenzial für umfassende innovative Entwicklungen.

Der Maschinenbau als aussichtsreiches Wachstumsfeld

Trotz der erwähnten Widerstände gegen eine sehr schnelle Durchsetzung der neuen Technologie bietet der Maschinenbau mit einem Umsatz von ca. 190 Mrd. EUR für die Hersteller von 3 D-Druckern ein wachstumsträchtiges Anwendungsfeld. Denn selbst relativ kleine Veränderungsraten dort bieten für die Hersteller der 3D-Drucker absolut gesehen schon beträchtliche Zuwächse. In diesem Sinne wurden Erwartungen im Umfang von einem jährlichen Zuwachs von ca. 40 Prozent genannt. Allerdings müssen derartige Zahlen auch unter dem o.g. Vorbehalt gesehen werden, wie schnell mentale Barrieren wie die in den Konstruktionsbüros überwunden werden können. Aber viele der „Hidden Champions“, der weltweiten Marktführer, kommen aus Deutschland und sind größtenteils mittelständisch geprägt. Sowohl als Entwickler als auch als Anwender seien gerade diese Unternehmen prädestiniert dafür, Innovationen in ihrer Sparte rechtzeitig zu erkennen, um ihre vorherrschende Marktstellung zu untermauern. Dazu wird auch beitragen, dass die additive Fertigung zum konzeptionellen Umfeld der viel zitierten Industrie 4.0 zählt. Das wird auch dadurch belegt, dass über drei Viertel der 35.000 Fachbesucher angaben, sich für Industrie 4.0 zu interessieren. Dem entsprach auch eine hohe Nachfrage von Ausstellern nach dem Themenpark Industrie 4.0, in dem sich insgesamt 23 Firmen präsentierten.

Die internationale Dimension war auf der Messe präsent

Wie hoch inzwischen im internationalen Wettbewerb die Entwicklung dieser innovativen Fertigungstechnik bewertet wird, erkennt man auch an der Verleihung des International Additive Manufacturing Award (IAMA) 2016 im Rahmen der METAV 2016. Der gemeinsam von VDW – Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken – und AMT – Association for Manufacturing Technology (USA) – 2014 ins Leben gerufene Award wurde 2015 erstmals in den USA und am 24. Februar 2016 im Rahmen der METAV 2016 verliehen. Mit IAMA werden Innovationen in der additiven Fertigung für den Einsatz in der Industrie ausgezeichnet. Dazu gehören Entwicklungen von Maschinenkonzepten und wichtigen Komponenten, Fortschritte bei Bearbeitungsprozessen und in der Materialbearbeitung, neue Anwendungen, Datenaufbereitung und Messungen zur Qualitätssicherung.

Der Preis ist mit 20.000 US-Dollar in bar und einem Medienpaket im Wert von 80.000 US-Dollar zur Bekanntmachung der Innovation dotiert. Hier setzte sich Concept Laser aus dem oberfränkischen Lichtenfels erfolgreich gegen 15 weitere Bewerber ausDeutschland, Finnland, Großbritannien, Niederlande, Schweiz und den USA durch. Über die Aktivitäten des ausgezeichneten Unternehmens wird das INNOVATIONS- FORUM im folgenden Heft berichten.

Eine gelungene Verbindung von Messe und Kongress

Die AM-Area wurde neben einer großen Zahl von kleinen Diskussionsveranstaltungen inmitten des Ausstellerbereichs zudem erstmals begleitet von der internationalen B2B-Konferenz „Inside 3D Printing“. Veranstalter Matthew Finlay von Rising Media in Starnberg sagt: „Die METAV bietet uns den idealen Ort, um mit unserer 3D-Konferenz in den direkten Dialog mit allen relevanten Unternehmen der 3D-Branche zu treten. Sie steht für hohe Qualität der Besucher, die genau wissen, was sie suchen und auch finden.“ Das Ziel, den Kongressteilnehmern einen Mehrwert durch den METAV-Besuch zu bieten, ist mehr als aufgegangen.

  • Dr. Lutz Schröter
  • Jürgen Ladda